Der Satz von Gregorianischen Noten mit OpusTeX
Voraussetzungen
Das Setzen von gregorianischen Melodien hat im Vergleich zum modernen
Notensatz einige Besonderheiten.
- Gregorianische Melodien werden auf einem vierzeiligen
Notensystem mit speziellen Schlüsseln und eigenen Notenzeichen
geschrieben.
- Die enge Verbindung zwischen Text und Melodie sollte dargestellt
werden können. Normalerweise beginnt in den ältesten Handschriften
der Notentext jeweils direkt über dem Vokal der entsprechenden
Silbe.
- Relativ viele verschiedene Notenzeichen bringen die starke
rhythmische Differenzierung der gregorianischen Gesänge zum
Ausdruck.
- Die Gruppierung der Noten ist wichtig.
- Dafür gibt es keine Takte. Einzelne Abschnitte einer Melodie
können recht lang sein.
OpusTeX
OpusTeX ist eine Sammlung von TeX-Makros (und ein in C geschriebenes
Ergänzungsprogramm) zum Satz von Musiknoten. Es wird von Andreas Egler
entwickelt. Er ist unter
Andreas.Egler@t-online.de erreichbar.
Die Voraussetzungen, um OpusTeX nutzen zu können, sind:
- Das TeX-Grundsystem.
- Einen C-Compiler oder Perl, um
das Programm Opusflex zu compilieren oder als Perl-Skript laufen zu
lassen.
- Einen Editor :-)
Gregorianik mit OpusTeX
Um mit OpusTeX gregorianische Melodien zu setzen, schreibt man
einen Eingabetext, der dann vom Programm in eine
druckerunabhängige Ausgabedatei umgeschrieben wird.
Diese Datei kann man dann mit einem Betrachter auf dem Bildschirm
darstellen lassen oder ausdrucken.
Ein Beispiel
Der Eingabetext:
\setgregorian1
\setclef15
\setclefsymbol1\gregorianFclef
\musicindent14mm
\raisesong3\Internote
\startextract
\musicinitial{Grad\\I}{U}%
\sgn {}{--}{}\punctum J\egn
\sgn ni{--}\punctum K\egn
\sgn ve{r--}\scandicussubbipunctis KMNMK\climacus LKI%
\torculusresupinusdeminutus KLKL\egn
\sgn si{}\punctum K\egn
\spatium
\divisiominima
\spatium
\sgn {qu}i{}\clivis KJ\egn
\spatium
\sgn te{}\pesinitiodebilis JM\egn
\spatium
\sgn {}ex\pes Na\egn
\sgn {sp}{\'e}c\punctum a\egn
\sgn ta{nt,}\clivis aN\clivis aN\clivis aL\torculus MNM\egn
\spatium
\divisiominor
\spatium
\sgn non\punctum N\egn
\custos M\setemptybar
\endextract
ergibt, durch OpusTeX übersetzt, folgendes Resultat:
Neugierig geworden? Eine nähere Beschreibung des Programms findet sich in der
Dokumentation zu
OpusTeX .
Highlights von OpusTeX
- OpusTeX ist plattformunabhängig. Es läuft auf jedem System,
für das es ein TeX-Implementierung und einen C-Compiler oder Perl gibt.
- Es verwendet kein unlesbares Eingabeformat. Ein ASCII-Text genügt.
Der ist auch in Zukunft lesbar und bearbeitbar.
- OpusTeX bietet eine sehr detaillierte Kontrolle über alle Aspekte
des Satzes. Besonders die Gruppierung der Neumen und die Abstände
zwischen den einzelnen Notengruppen sind gut steuerbar.
- Der Quellentext aller beteiligten Programme liegt vor. Jeder, der
Fehler findet, kann den Autoren seine Hilfe anbieten.
- Da das zugrundeliegende TeX ursprünglich für den Satz von
Büchern (konkret Mathematik- und Informatibücher) entwickelt wurde,
ist das Zusammenspiel von Noten und Texten kein Problem.
- Das Programm ist frei benutzbar. Es darf jedoch nicht verändert
werden und aus seiner Verbreitung darf kein Gewinn erzielt werden.
Es gibt auch ein paar Einschränkungen:
- OpusTeX bietet kein WYSISWYG. Man sieht das Resultat erst, wenn man es
zum ersten Mal übersetzt hat. Da wegen der Custodes zur Zeit noch kein
automatischer Zeilenumbruch funktioniert, muss man relativ fleissig zwischen
Eingabetext, Übersetzung, Betrachtung, Eingabetext ... wechseln.
- Zur Zeit ist der Satz von adiasthemischen Neumen noch ein Wunschtraum.
Falls jemand Ideen dazu hat, bitte bei
mir melden :-)
- Die Fehlermeldungen des Programms sind (wie bei TeX allgemein)
etwas kryptisch.
Für Neugierige
- Die neueste Version von OpusTeX findet sich unter
Opus084.zip mit der Dokumentation.
- Eine noch experimentelle Version von OpusTeX Opus093.zip ohne Dokumentation.
- Ich habe eine PDF-Version des Teiles der Dokumentation, die den
Satz gregorianischer Melodien betrifft, erstellt: GreDoc.pdf
(leider etwa 200 kB gross).
- Für Leute mit Ghostscript die halb so grosse (80 kB) Postscript-Version desselben Textes: GreDoc.ps
- Ein praktisches Beispiel: Der OpusTeX-Eingabetext: Introitus Ad Te Levavi und die entsprechende, mit pdfTeX erzeugte PDF-Datei
Dank
Zwei Personen gebührt mein besonderer Dank: Andreas Egler, dem
Schöpfer von OpusTeX und P. Gottfried Meier vom Kloster Gerleve, der mir
seinen TTF-Font mit gregorianischen Neumen zur Verfügung gestellt hat und
so den ersten Anstoss gegeben hat.
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Beda Szukics