Gerold Zwyssig

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P. Gerold Zwyssig

Gerold (Johann Josef Maria Georg) Zwyssig (* 9. Mai 1807 von Bauen; † 16. November 1874 in Glaning), apost. Notar

Lebensbeschreibung

Der Vater von P. Gerold Zwyssig war als Geschäftsmann nicht sehr erfolgreich. Das Wirtshaus Zwyssighaus musste er 1811 aufgeben. Daraufhin zog die Familie von Bauen nach Isenthal um. Auch dort war ihm wenig Erfolg beschieden. Aufgrund einer Handgreiflichkeit wurde er 1812 sogar unter Vormundschaft gestellt. 1814 verliess er seine Familie und liess sich als Söldner anwerben. 1823 verstarb er als Sergeant in den Niederlanden. Die Mutter musste ab 1814 allein für die Kinder sorgen. Von dieser Notlage vernahm der frühere Kaplan von Bauen und damalige Pfarrer von Menzingen, Adelrich Josef Bumbacher [1]), [2] dessen Neffe P. Plazidus Bumbacher Konventuale und Kapellmeister im Zisterzienserkloster Wettingen war. Er nahm die Familie bei sich auf und besorgte ihr eine Wohnmöglichkeit. 1818 kehrte die Familie wieder nach Bauen zurück. Sie wurde weiterhin von Adelrich Josef Bumbacher und einer Tante unterstützt. Adelrich Josef Bumbacher hat die Kinder sicherlich zur klösterlichen Lebensweise ermuntert und konnte auch allen Söhnen als talentierte Sänger einen Schulplatz in verschiedenen Klöstern gegen geringes Entgelt verschaffen, nämlich in Muri, Wettingen, Pfäfers und Einsiedeln.

So kam P. Gerold 1821 in die Klosterschule Muri, wo er auch seine Studien absolvierte. 1825 legte er im Kloster Profess ab. Wie seine Geschwister war auch P. Gerold ein ausgezeichneter Musiker und auch Komponist. Er setzte sich für eine Verbesserung der Kirchenmusik ein und war begeisterter Choralist. In Muri war er als Musiklehrer und Organist tätig. Nach der Aufhebung des Klosters 1841 war er während zwei Jahren als Lehrer für Musik, Welt- und Naturgeschichte in Bremgarten angestellt. Von 1843–1846 unterrichtete er an der Schule im Benediktinerkloster Fischingen[3] und von 1846–1847 arbeitete er in der Benediktinerabtei Rheinau. Ebenfalls 1846 musste er sich durch den Kanton Aargau einer Pfarreigungsprüfung, der Theologischen Konkursprüfung, unterziehen., worauf er die Berechtigung für die Pastoration im Kanton Aargau für drei Jahre bekam. Von 1847 bis 1850 wirkte P. Gerold als Pfarrprovisor in Ermatingen. Der Umsiedlung des Konventes von Muri nach Gries stand er anfangs ablehnend gegenüber, was auch zu Spannungen mit seinem Abt Adalbert Regli führte. Auf die Bitte von P. Gerold, den ausgewiesenen Konventualinnen aus dem Benediktinerinnenkloster Münsterlingen in ihrem Exil auf der Insel Reichenau als Spiritual dienen zu können, ging Abt Adalbert Regli nicht ein, sondern berief ihn nach Gries. Erst 1849 konnte er sich zu einem positiven Entscheid durchringen. Dazu trug nicht zuletzt der Einfluss seines Bruders P. Alberich Zwyssig bei, der mit einem Schreiben an Abt Adalbert Regli an dessen Grossmut appellierte, seinen Bruder Gerold wohlwollend aufzunehmen. Gleichzeitig liess er in diesem Brief durchblicken, dass auch er selber an einen Wechsel ins Kloster Muri-Gries denke, falls es für das Kloster Wettingen keine Zukunft mehr geben sollte.

1850 zog P. Gerold ins Südtirol. In Gries lehrte er als Lektor Kirchengeschichte und wirkte als Musiker. 1851 wurde er als Expositus nach Glaning versetzt, wo er sich seinen Kompositionen widmen konnte.[4] Dort starb er 1874.[5] P. Gerold war nicht nur ein hervorragender Musiker gewesen. Als solcher hatte er massgeblichen Anteil an der Gründung des Schweizer sowie Trienter Cäcilienvereins. Er hatte sich auch mit der Bienenzucht beschäftigt und einen neuen Typ von Bienenstöcken geschaffen. Ausserdem hatte er sogenannte "Reduktionstabellen" erstellt, mit denen sich die alte österreichische Währung in die neue umrechnen liessen.[6]

Lebensdaten

Profess: 1. Mai 1825

Priesterweihe: 4. März 1832

Ämter

Lehrer in Muri: 1832–1841

Lektor in Gries: 1850–1851

Expositus in Glaning: 1851–1874

Verwandtschaft[7]

Eltern

  • Johann Josef Zwyssig (1774–1823), Bauer, Gastwirt des heute noch existierenden Zwyssighaus und Betreiber der Säge in Bauen sowie Söldner, und Anna Maria Magdalena Infanger (1780–1854). Die Mutter war 1798 Novizin im Benediktinerinnenkloster St. Lazarus, Seedorf, musste aber nach dem Einmarsch der Franzosen und dem Novizenverbot entlassen werden. Am 28. Februar 1802 heiratete sie den Bauern Johann Josef Zwyssig vom kleinen Heimwesen "Hinterbergli" oberhalb von Bauen.

Grosseltern

  • Johann Josef Zwyssig (1731–1784), Ratsherr, und Maria Anna Aschwanden (1748-?), Wyssig Seelisberg
  • Johann Josef Infanger und Maria Magdalena Zwyssig von Bauen

Geschwister

  • Johann Josef Jost Maria Zwyssig (1802–1803)
  • Sr. Maria Placida (Maria Anna Josefa Magdalena) Zwyssig (2. September 1805 – 13. Dezember 1827) im Zisterzienserinnenkloster Wurmsbach, Profess 7. Mai 1826, Chorfrau, Organistin. [8]
Pater Alberich Zwyssig für Abt Adalbert Regli 1842

Nichten und Neffe

  • Sr. Maria Augusta Zwyssig (1839–1901), Mitglied der Kongregation der "Englischen Fräulein" resp. Congregatio Jesu, nach 12 Jahren Austritt, Heirat mit dem Wiener Apotheker Johann Pavel von Mähren, kinderlos
  • Wilhelm Zwyssig (1840–1871), Offizier im Kaiserregiment der österreichischen Armee
  • Sr. Rosa (Katharina) Zwyssig (1844–1882), Mitglied der Kongregation der "Englischen Fräulein" resp. Congregatio Jesu
  • Maria Anna Josefa Elisa Zwyssig (1846–1853)

Dieser Familienzweig starb somit eine Generation nach P. Gerold Zwyssig aus.

Werke

Musik

  • Alte "Falsi Bordoni" von ehemaligen Murikonventualen stellte er wieder her, weil sie bei der Aufhebung verloren gegangen waren oder arbeitete sie um.
  • Vier "Antiphonae Marianae", gedruckt bei Weger in Brixen.
  • Mehrere Segensgesänge (Hymnus "Paage lingua", Sequenz "Stabat Mater")
  • Sieben neue Serien von Falsi Bordoni, die vollendet für den Druck vorliegen.an de
  • Lieder für Männerstimmen.
  • Eine deutsche Messe in Figural.
  • Zwei grosse Kantaten (aufgeführt zur Primizfeier von P. Martin Lehner von Rheinau und in Muri in Anwesenheit des Nuntius).
  • Vier Operetten.
  • Cantuarium Murense sive Collection earum cantionum quae horus Murensis O.S.B. in officio divino per quatuor voces cantare consuevit.

Texte

  • Reductions-Tabellen zunächst für Oesterreich, enthaltend: Die Reduction alter Währungen in die neue österreichische Währung, das Verhältniß der neuen Münzen zu einander und Wursttabelle für Ein- und Zwei-Thalerstücke, Innsbruck 1858.
  • Stammregister der Familie Schmid von Uri in Fischingen, Kanton Thurgau, in: Historisches Neujahrsblatt / Historischer Verein Uri 29 (1923), 53-65.

Bibliographie

  • Nina Flurina Caprez: Bedrohungen in Friedenszeit. Muri-Gries - ein Schweizer Kloster in Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg (= Murenser Monographien. Band 3). Zürich 2018.
  • Rudolf Henggeler: Professbuch der Benediktinerabteien Pfäfers, Rheinau, Fischingen (= Monasticon-Benedictinum Helvetiae. Band II). Zug 1931.
  • Plazidus Hungerbühler: Notizen zum soziokulturellen Beitrag des Benediktinerklosters Muri-Gries in Südtirol von 1848 bis 1980. In: Der Schlern. Band 54, 1984, S. 391, 393.
  • Albert Iten: Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952. Tugium Sacrum Band I (= Geschichtsfreund. Beiheft Nr. 2). Zug 1952.
  • Utto Kornmüller: Die Pflege der Musik im Benedictiner-Orden. In: Wissenschaftliche Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner-Orden. (1 (1880) 1, 64-90; 1 (1880) 2, 46-73; 1 (1880) 4, 74-94; 2 (1881) 1, 209-235; 2 (1882) 3, 3-40; 2 (1881) 4, 197-236).
  • Marschall, Ascelina, Blätter aus der Geschichte des Cistercienserklosters Wurmsbach, Kt. St. Gallen, Rapperswil 1928.
  • Meng, Heinrich / Schwarb, Egon / Lauterer, Kassian, Pater Alberich Zwyssig. Komponist des Schweizerpsalms, Baden 1982.
  • Püntener, August, Chronik eines Urner Geschlechtes, Altdorf 1990.
  • Püntener, August,[14] Das bewegte Leben des Peter Josef Zwyssig (1814–1872), in: Historisches Neujahrsblatt / Historischer Verein Uri 83–84 (1992–1993), 4–23.
  • Adelhelm Rast: P. Gerold Zwyssig (1807-1874). In: Sarner Kollegi Chronik. Band 47, 1985, S. 53–56 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 15. Juli 2021]).
  • Scherer, Emmanuel, Ein unbekanntes Bildnis von Alberich Zwyssig, in: Die Schweiz 1914 Nr. 22 und 23.
  • Scherer, Emmanuel, Zwyssig, P. Alberich (OCist.): Wie ist der Schweizerpsalm entstanden, in: Schweizerische Rundschau (1906-1907), 133 sowie als Separatdruck.
  • Spörri, Ed., Das Musikleben von Zug in Vergangenheit und Gegenwart, in: Zuger Neujahrsblatt 1923, 3-31.
  • Spörri, Hubert, Klosterfest 2027, Oberrohrdorf 2020.
  • Staub, Alois, Geschichte der Pfarrei, in: Güntensberger, Bertha Augusta / Krieg, August / Staub, Alois (Hg.), 500 Jahre Pfarrei St. Johannes Menzingen, Zug 1979.
  • Ambros Trafojer: Das Kloster Gries (Bozen) – Vom Chorherrenstift in der Au und in der Burg zum Benediktinerkloster Muri-Gries. 2. neu bearbeitete Auflage. Bozen 1982.
  • Wickart, A., Der Hof zu St. Karl und seine Besitzer, in: Zuger Neujahrsblatt 1899, 41-46.
  • Dominicus Willi: Album Wettingense – Verzeichnis der Mitglieder des exemten und konsistorialen Cistercienser-Stiftes B. V. M. de Marisstella zu Wettingen-Mehrerau. Zweite verbesserte Auflage. Limburg an der Lahn 1904 (archive.org [abgerufen am 26. April 2021]).
  • ?, Uri. P. Alberic Zwyssig, in: Schweizerische Kirchenzeitung SKZ (1854) Nr. 49, 358.</ref>
  • ?, P. Gerold Zwyssig, in: Schweizerische Kirchenzeitung SKZ (1874) 48, 540-541 und 550-551.
  • Professbuch: Nr. 633.
  • Nachlass P. Gerold Zwyssig, StiAMG Gries und Sarnen N.633.

Einzelnachweise

  1. Staub, Alois, Geschichte der Pfarrei, in: Güntensberger, Bertha Augusta / Krieg, August / Staub, Alois (Hg.), 500 Jahre Pfarrei St. Johannes Menzingen, Zug 1979, 44.
  2. Albert Iten: Der Weltklerus zugerischer Herkunft und Wirksamkeit bis 1952. Tugium Sacrum Band I (= Geschichtsfreund. Beiheft Nr. 2). Zug 1952, S. 178–180.
  3. Nina Flurina Caprez: Bedrohungen in Friedenszeit. Muri-Gries - ein Schweizer Kloster in Südtirol nach dem Ersten Weltkrieg (= Murenser Monographien. Band 3). Zürich 2018, S. 182.
  4. Ambros Trafojer: Das Kloster Gries (Bozen) – Vom Chorherrenstift in der Au und in der Burg zum Benediktinerkloster Muri-Gries. 2. neu bearbeitete Auflage. Bozen 1982, S. 120.
  5. Püntener, August, Das bewegte Leben des Peter Josef Zwyssig (1814–1872), in: Historisches Neujahrsblatt / Historischer Verein Uri 83–84 (1992–1993), 7.
  6. Unterlagen Professbuch P. Adelhelm Rast und Abt Dominikus Bucher sowie Zettelkatalog P. Adelhelm Rast im StiAMG Sarnen.
  7. Püntener, August, Das bewegte Leben des Peter Josef Zwyssig (1814–1872), in: Historisches Neujahrsblatt / Historischer Verein Uri 83–84 (1992–1993), 5–8.
  8. Marschall, Ascelina, Blätter aus der Geschichte des Cistercienserklosters Wurmsbach, Kt. St. Gallen, Rapperswil 1928, 134.
  9. Dominicus Willi: Album Wettingense – Verzeichnis der Mitglieder des exemten und konsistorialen Cistercienser-Stiftes B. V. M. de Marisstella zu Wettingen-Mehrerau. Zweite verbesserte Auflage. Limburg an der Lahn 1904 (archive.org [abgerufen am 26. April 2021] Nr. 837).
  10. Zwyssig, P. Alberich (Johann Joseph Maria), in: Biographisches Lexikon der Historischen Gesellschaft des Aargaus 1803-1957, in: Argovia Jahreszeitschrift der Historischen Gesellschaft des Kantons Aargaus, Band 68/69, Aarau 1958, 929-930.
  11. Spörri, Ed., Das Musikleben von Zug in Vergangenheit und Gegenwart, in: [http://www.zugerneujahrsblatt.ch/_uploads/Archiv_ZNJB/Zuger_Neujahrsblatt_1923.pdf Zuger Neujahrsblatt 1923, 28-29.
  12. ?, Uri. P. Alberic Zwyssig, in: Schweizerische Kirchenzeitung SKZ (1854) Nr. 49, 358.
  13. Rudolf Henggeler: Professbuch der Benediktinerabteien Pfäfers, Rheinau, Fischingen (= Monasticon-Benedictinum Helvetiae. Band II). Zug 1931, S. 144.
  14. Püntener, August, Chronik eines Urner Geschlechtes, Altdorf 1990, 151-152.