Johann Jodok Singisen

Aus Muri
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Abt Johann Jodok Singisen (Foto: Hubert Walder)

Johann Jodok Singisen (* um 1557/58 von Mellingen; † 2. November 1644 in Muri)

Lebensdaten

Profess: 1574

Priesterweihe: 1579

Ämter

Pfarrer in Bünzen: 1586–1596

Abt: 1596–1644

Lebensbeschreibung

Abt Johann Jodok kam als viertgeborenes Kind der Familie Singisen in Mellingen zur Welt.

Er besuchte die Klosterschule Muri, legte 1574 im Kloster Profess ab und erhielt 1583 die Priesterweihe. Für die höheren Studien wurde er zu den Jesuiten nach Dillingen geschickt.

Als einer der jüngsten Konventualen versuchte er 1585 die Bestätigung der Wahl Abt Jakob Meiers zu verhindern. Vom Kloster aus versah er ab 1585 als Priester die Pfarrei Bünzen, bis er 1596, nach der Resignation seines Vorgängers, zum Abt von Muri gewählt wurde.

Von Nuntius Giovanni della Torre unterstützt, führte Singisen Reformen gemäss des tridentinischen Konzils durch, die mit einer Umschreibung der Klausur 1613 abgeschlossen wurden. Konkret bedeuteten die Reformen, dass das gemeinsame Essen im Refektorium mit passender Lesung durchgesetzt wurde, da die Mönche bisher ihre eigenen Haushaltungen geführt hatten. Dazu gehörte auch die Abgabe der Einkommen an den Abt, der jedem alles Notwendige geben sollte. Ausserdem wurde das Stillschweigen für die regulären Räume eingeführt. Zudem musste die Klausur strenger beachtet werden und es wurden Laienbrüder eingeführt, die den Platz weltlicher Dienstboten und Dienstbotinnen innerhalb der Klausur einnehmen sollten.

1602 war Abt Johann Jodok an der Gründung der Schweizerischen Benediktinerkongregation in Einsiedeln beteiligt. Ab 1603 wirkte er als Visitator der Kongregation und als ausserordentlicher Visitator der Benediktinerinnen in Seedorf (UR) und St. Andreas in Sarnen, der Kapuzinerinnen in Zug, Attinghausen, Stans und Gerlisberg bei Luzern sowie der Zisterzienserinnen in Frauenthal. Er förderte und unterstützte verschiedenenorts die Ansiedlung der Kapuziner, so auch im nahe gelegenen Bremgarten.[1] 1609 vertrat Singisen sein Kloster an der Synode von Konstanz. Mit den Klöstern Rheinau, Engelberg und Fischingen erreichte er 1622 die Exemtion von der Jurisdiktion des Bischofs von Konstanz.

Er bereicherte ausserdem die Klosterbibliothek Muri mit Neuanschaffungen im Bereich der Patristik, Bibelwissenschaft und des kanonischen Rechts. Über der Vorhalle der Kirche liess er einen Bibliotheksraum und 1610 den sog. Singisenflügel errichten (1691 neu erbaut). Die Klosterschule baute er zum Gymnasium aus und führte vermutlich 1618 das Studium der Philosophie und 1621/22 dasjenige der Theologie im Kloster ein. Er förderte die von der Fürstabtei St. Gallen 1624 gegründete – aber nur kurz bestehende – theologische Hochschule Mariaberg in Rorschach. In seiner Amtszeit herrschte ein geordnetes Klosterleben und ein Reformkonvent entstand, der sieben Äbte hervorbrachte. Zudem studierten 1597-1629 23 Mönche von Muri an der von Jesuiten geleiteten Hochschule in Dillingen (Bayern).

Abt Johann Jodok starb 1644 und wurde westlich der Stiftergräber in der Mitte der Klosterkirche Muri begraben, um seine Verdienste für das Kloster zu würdigen. Posthum erhielt Singisen den Ehrentitel eines zweiten Gründers des Klosters Muri.[2]

Wappen

Wappen von Johann Jodok Singisen
Blasonierung: „In Blau drei (2:1) sechsstrahlige, goldene Sterne. Über dem Schild rechts eine rot-silberne Mitra mit goldener Verzierung und Fütterung und zwei rot-silbern-goldenen Infuln, durchsteckt von einem goldenen Krummstab mit silbernem Velum und links auf dem Spangenhelm mit blau-goldener Helmdecke ein Halbflug als Hilfskleinod.“[3]


Beziehungsnetz

Verwandtschaft

Eltern

Rudolf Singisen, Schultheiss von 1547-1577, und Elisabeth Letter, Mellingen.

Grosseltern

  • Rudger Singisen
  • Johann Letter, Landamann, und Ida Letter-Müller, Zug

Geschwister

  • Johann Heinrich Singisen, Amtmann des Klosters Muri und Rat und Stadtfähnrich zu Bremgarten.
  • Christoph Singisen
  • Verena Singisen
  • Anna Singisen
  • Sr. Elisabeth Singisen († 1627), OCist, Konventualin im Zisterzienserinnenkloster Frauenthal[4]
  • Hieronymus Singisen [5], Brotschauer, Stadtrichter, Eichmeister, Seckelmeister, Schultheiss von Mellingen, verheiratet mit Barbara Frey, der Tochter des Schultheissen Johann Heinrich Frey von Mellingen, Eltern von Dr. Jakob Singisen, Magdalena, Anna, Barbara, Elisabeth und Verena

Nichten und Neffen

Onkel und Tanten

  • Nikolaus Singisen

Bibliographie

  • Urban Affentranger: Fürstabt Adalbert III. Defuns von Disentis und die Säkularfeier der Schweizerischen Benediktinerkongregation 1702 im Kloster St. Gallen. In: Bündner Monatsblatt. 2013, S. 478–492.
  • Martin Allemann: Der Reformabt Johann Jodok Singisen, 1596 zum Abt gewählt. In: Der Freischütz, Baubeilage Singisenflügel. 1997, S. 40.
  • Helvetia Sacra, III I, S. 934f.
  • Oskar Hunkeler: Abt Johann Jodok Singisen von Muri, 1596-1644 – ein Beitrag zur tridentinischen Reform und zur Barockkultur in der Schweiz. Mellingen 1961.
  • Martin Kiem: Geschichte der Benedictiner Abtei Muri-Gries. Band 2. Stans 1891, S. 3–19.
  • Ernst Koller: Das katholische Gymnasium – ein Postulat der frühaargauischen Bildungspolitik 1803-1835. In: Argovia. Band 81, 1969, S. 21 (e-periodica.ch [abgerufen am 8. April 2021]).
  • Konrad Kunz: Die Beziehungen des Muri Benediktinerabtes Joh. Jodok Sigisen (Abt 1596-1644) zu seiner Vaterstadt Mellingen – Ein Beitrag zur Geschichte Mellingens. Mellingen 1917.
  • Konrad Kunz: Die Stadtpfarrer von Mellingen bis zum Jahre 1659 – Beiträge zur Geschichte Mellingens, Teil I. Mellingen 1920.
  • Konrad Kunz: Zur Lebensbeschreibung des Abtes Jost Singisen von Muri (1557-1644). In: Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte. Band XIII, 1919, S. 99–104 (e-periodica.ch [abgerufen am 27. März 2021]).
  • Konrad Lütolf: Nikolaus Holdermeyer, Propst in Beromünster und seine Zeit. In: Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte. Band XXV, 1931, S. 1–23 (e-periodica.ch [abgerufen am 27. März 2021]).
  • Johann Georg Mayer: Skizze einer Geschichte der schwäbischen und schweizerischen Benedictiner-Congregation nach P. Moritz Hohenbaum van der Meer. In: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser-Orden. Band 9, 1888, S. 382–394 sowie 573–588.
  • Engelbert Ming: Das ehemalige Kapuzinerkloster in Bremgarten. In: Unsere Heimat. Band 56, 1986.
  • Alois Müller: Geschichte des Gotteshauses Frauenthal – Festschrift zur 700-jährigen Jubelfeier 1231-1931. Zug 1931.
  • Iso Müller: Der Kampf um die tridentinische Reform in Disentis von 1624-1634. In: Zeitschrift für Kirchengeschichte. 1949 (42 (1948), S. 23-65 43 (1949) S. 175-202 43 (1949) S. 269-313).
  • J. R. Rahn: Glasgemälde in Muri-Gries bei Bozen. In: Anzeiger für schweizerische Alterthumskunde. Band 7, 1891, S. 45–49.
  • Adelhelm Rast: Die Bedeutung des Abtes Johann Jodok Singisen für die Wissenschaft im Kloster Muri und seine akademisch gebildeten Mönche 1596-1644. In: Unsere Heimat. Band 34, 1960, S. 4–50.
  • Rainer Stöckli: 950 Jahre Kirche Mellingen – Beiträge zur Kirchen- und Kulturgeschichte Mellingens. Mellingen 1995.
  • Rainer Stöckli: Geschichte der Stadt Mellingen von 1500 bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (= Historische Schriften der Universität Freiburg Schweiz. Band 7). Freiburg 1979.
  • Bonaventura Thommen: Abt Jodok Singisen als Zeuge für Bruder Klaus. In: Sarner Kollegi Chronik. Band 7, 1945, S. 45–51.
  • Paulus Volk: Zur Geschichte des Bursfelder Breviers. Anhang I Das St. Galler Brevier von 1612 und das Brevier Pauls V. von 1613. In: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktiner-Ordens und seiner Zweige. Band 46, 1928, S. 175–201.
  • Thomas von Liebenau: Die Familie Schnyder von Wartensee in Sursee und Luzern – Historische Notizen. Luzern 1906.
  • Bruno Wilhelm: Abt Jodok Singisen von Muri (1596-1644) – Zur dritten Jahrhundertfeier des zweiten Gründers. In: Sarner Kollegi Chronik. Band 6, 1944, S. 97–102.
  • Anton Wohler: Johann Jodok Singisen. In: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS). (hls-dhs-dss.ch [abgerufen am 13. Juli 2018]).
  • Nachlass Abt Johann Jodok Singisen, StiAMG Gries und Sarnen N.358.
  • Korrespondenzen von Abt Johann Jodok Singisen, StiAMG Sarnen A.VI.III.4.
  • Johann Jodok Singisen in der deutschsprachigen Wikipedia.
  • Professbuch: Nr. 358.

Widmung und Erinnerung

  • Heinrich Stacker: Theatrum in quo res gestae beatissimi patris ac monachorum Patriarchae Benedicti velut in scena spectantae atque Christianis omnibus imitandae proponuntur. München (Rmo in Christo Patri Ioanni Iudoco Caenoby Murensis apud Helvetios Abbati Dignissimo sacrum Dicatum). Faksimile in: Benediktinerklöster der Schweiz (Hrsg.): Der heilige Benedikt in der Kunst der Schweiz 480-1900. Führer zur Ausstellung im Schweizerischen Landesmuseum Zürich 9. September 1980-6. Januar 1981. Benziger, Einsiedeln 1980.
  • Klosterhof Abt Jodok. Pinot gris AOC Luzern, Weisswein vom Weingut Klosterhof in Aesch LU

Einzelnachweise

  1. Engelbert Ming: Das ehemalige Kapuzinerkloster in Bremgarten. In: Unsere Heimat. Band 56, 1986, S. 21, 23, 28.
  2. Helvetia Sacra, III I, S. 934f und Notizen Professbuch P. Adelhelm Rast und P. Dominikus Bucher sowie Zettelkatalog P. Adelhelm Rast im StiAMG Sarnen.
  3. Farbig: Leodegar Mayer: Compendium Archivii Murensis. A. Muri, S. 40 (StiAMG Sarnen M.Cod. chart. 480).
  4. Alois Müller: Geschichte des Gotteshauses Frauenthal – Festschrift zur 700-jährigen Jubelfeier 1231-1931. Zug 1931, S. 207.
  5. Rainer Stöckli: Geschichte der Stadt Mellingen von 1500 bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts (= Historische Schriften der Universität Freiburg Schweiz. Band 7). Freiburg 1979, S. 55.
VorgängerAmtNachfolger
Jakob MeierAbt
1596–1644
Dominikus Tschudi