Leo Fischer
Leo (Otto Ludwig Bartholomäus) Fischer (* 25. Juni 1855 aus Vöslau; † 16. August 1895 in Boswil)
Lebensbeschreibung
P. Leo Fischer war der einzige Sohn seiner Eltern, die bei seiner Geburt noch protestantisch waren, ihn aber katholisch taufen liessen und kurz darauf selber zum katholischen Glauben konvertierten. Seine Mutter war Dichterin und übersetzte fremdsprachliche Dichtungen. Die Kindheit verbrachte er mehrheitlich in Venedig. Er absolvierte das Gymnasium bei den Jesuiten zu Mariaschein in Böhmen und auf dem Freienberg bei Linz. Er studierte Theologie bei den Jesuiten in Innsbruck und trat 1877 als Innsbrucker Theologe in das Stift Gries ein. Am 13. November 1878 legte er die einfachen Gelübde ab und erhielt am 11. Juli 1880 die Priesterweihe. 1882 diente er sieben Monate lang als Aushilfskooperator in Marling, fand im Stift Verwendung als Lektor der Bibelfächer, orientalischen Sprachen, Philosophie und Kirchengeschichte, kam 1885 als Lehrer der Geschichte und deutschen Sprache nach Sarnen.
P. Leo Fischer war in der deutschen Literatur und Geschichte sehr bewandert und ein anerkanntes Dichtertalent.[1] So schreibt Gustav Brugier 1904: "Der Benediktinerpater Leo Fischer, welcher die schöne Sammlung epischer Gedichte Ecclesia militans herausgegeben hat, veröffentlichte 1886 seine "Blumen aus dem Klostergarten". Er erweist darin durch eigenartige Reimverschlingungen eine beträchtliche Sprachgewandtheit und durch den Inhalt seiner Strophen einen edlen, gereiften Geist." Ähnliche Vorzüge zeigen auch seine späteren Sammlungen, deren letzte "Wanderers Weisen" nach seinem Tod erschien."[2] Er hat viele Arbeiten publiziert und galt als begabter Dichter. [3]
Neben der Dichtkunst widmete er sich intensiv den alten europäischen und biblischen Sprachen. Latein, Griechisch, Gotisch, Hebräisch und Aramäisch erlernte P. Leo schon während seinem Studium. Später kamen die die altsyrische und arabische Sprache dazu, ja sogar das altindische Sanskrit, was ihn zur Beschäftigung mit der Keilschrift führte. "Der geniale Benediktiner versuchte als Theologe und Sprachwissenschafter anhand der vorderorientalischen Sprachen die «Ursprache » vor der baylonischen Sprachverwirrung ausfindig zu machen."[4]
Er soll sich äusserst viel zugemutet haben. Neben einer grossen Stundenanzahl in der Lehre, soll er jeweils bis spät in die Nacht korrigiert und gedichtet haben. P. Leo starb unerwartet schnell in Folge eines Schlaganfalles in Boswil, wo er in den Ferien verweilte 16. August 1895 und wurde am 19. gleichen Monats in Sarnen bei St. Andreas begraben.[5]
Lebensdaten
Firmung am 18. Mai 1862 durch den Bischof von Triest, Andreas Gollmayer, Pate: Fürst Egon Karl von Hohenlohe
Gymnasium in Linz und Mariaschein
Innsbruck, Universität: Philosophie und Theologie
Subdiakon: 29. Juni 1879
Diakon: 6. Juli 1879
Ämter
Kooperator in Marling: 1882
Lektor der Exegese in Gries: 1882–1885
Lehrer am Kollegium in Sarnen: 1885–1895 (Germanistik, Gesschichte, Aesthetik)
Verwandtschaft
Eltern: Hermann Otto Fischer (aus Havelberg in Brandenburg, † 1864), Hofmeister und Erzieher beim Reichsgrafen Fries (auf Schloss Vöslau), später bei Hohenlohe, und der Maria Elisabeth Augsburg (aus Norden in Hannover, † 1871)), Erzieherin auf Schloss Vöslau.
Werke
- Auf der Höhe, Lieder und Balladen, Frankfurt 1892.
- Blumen aus dem Klostergarten. Dichtungen, Frankfurt 1885.
- Blume der Unschuld, in: St. Benedikts-Stimmen XXI (1897) 6.
- Der Cid und die Cid-Romanzen – Literarhistorische Abhandlung (= Beilage zum Jahresbericht der kantonalen Lehranstalt). Sarnen 1887 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 2. September 2021]).
- Die Collkapelle ( Kath. Warte XI. 159 f. Sagengedicht).
- Die Maria Lourdes-Kapelle auf dem Flüeli bei Sachseln, Obwalden, in: Alte und neue Welt (1894), 505.
- Die Romanze vom Pythagoräischen Lehrsatz, in: Sarner Kollegi Chronik 22 (1960) 3, 69-70.
- „Dichtergrüße aus den Alpen“ Frankfurt 1889.
- Drei Hiebe. (Dichterstimmen d. Gegenwart X. f.).
- Ecclesia militans. Ein Cyklus historischer Gedichte, Frankfurt 1883.
- Ein Benediktinerdichter aus den Tagen der Säkularisation (Basilius Meggle), in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser-Orden 6 (1885).
- Ein Fragment aus dem jüngeren Titurel, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser-Orden 5 (1884), I. 163.
- Franz Plattner, der Theologe unter den Malern, in: Katholik 1892 und Sonderabdruck in den Neuen Tiroler Stimmen 1893.
- Freiheit und Gleichheit, Gedicht, in: St. Benedikts-Stimmen XXI (1897) 285.
- Frühlingssied, Kinderspiel, 1881.
- Fünf Kapitel aus der Geschichte der Sprache (= Beilage zum Jahresbericht der kantonalen Lehranstalt). Sarnen 1890 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 2. September 2021]).
- Gabriel Garzias Moreno. Sendbote des Herzens Jesu 1882.
- Gedicht Benedikts Stimmen XXI. Heft 8, S. 231.
- Germanische Sprachelemente im Spanischen (= Beilage zum Jahresbericht der kantonalen Lehranstalt). Sarnen 1892 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 3. September 2021]).
- Geschichte der deutschen Literatur, Sarnen o.J.
- Heiligenstadt[?] Ein sehr gerühmtes Gedicht im Einsiedler Kalender für 1894.
- Im Herbste. Gedicht, in: St. Benedicts Stimmen 10 (1898).
- Leben des Malers Michael Pacher II. 336.
- Leitfaden der Poetik, Sarnen o.J.
- Marienlied. Gedicht, in: Mariengrüsse aus Einsiedeln (1897), Heft 11.
- Michael Pacher, kunsthistorische Studie, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser-Orden 7 (1886).
- Sprachgeschichtliche Abhandlungen (= Beilage zum Jahresbericht der kantonalen Lehranstalt in Sarnen). 1894 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 3. September 2021]).
- Referat über über 6 kleinere poetische Arbeiten, in: Augustinus, Beilage zum Correspondenzblatt für den österreichischen Klerus (1890), Nr. 3.
- „Subsilvania“. Festgabe zur vierten Säkularfeier des sel. Nikolaus von der Flühe, Frankfurt und Luzern 1887.
- Über den Dichter P. Basilius Meggen ebd. 1885 II. 40
- übersetzte Horaz-Gedichte im Programm Q. Hor. Flaccus der patriotische Sänger von P. Aug. Grüniger, Sarnen 1886.
- Wanderers Weisen, Heiligenstadt 1896.
- Diverse Feierlichkeiten, u.a. Jubiläen und Besuche von geistlichen und weltlichen Würdenträgern: Gedichte, Kantaten, StiAMG Gries, IT P3.6.6.* P1.03.08.16.
- Poetik von P. Leo Fischer, StiAMG Sarnen M.Cod. chart. 427.
Bibliographie
- Ambiel, Plazidus, P. Leo Fischer OSB. Zum 50. Todestag, in: Sarner Kollegi Chronik 7 (1945) 3, 77-85.
- Böllenrücker, J., P. Leo Fischer OSB. Eine Blume aus dem Klostergarten in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienserorden 18 (1897), 107-115, 304-313 und 468-473.
- Brugier, Gustav, Geschichte der Deutschen Literatur, Erstausgabe 1904, Nachdruck Nikosia 2017 (ISBN 978-9-92507-418-1).
- Cuonz, Romano, Der fast vergessene Poet des Sarner Kollegis. Der frühere Staatsarchivar Angelo Carovi lässt in einer Publikation den Sarner Mönch Leo Fischer wieder aufleben, in: Obwaldner Zeitung vom 20. Juli 2021, 21.
- Leo Ettlin: Nicht nur Schulmeister. Beiträge von „Kollegiherren” zur Kultur Obwaldens. In: Sarner Kollegi Chronik. Band 42, 1980, S. 101–109 (Heft 3).
- Garovi, Angelo, Eine Brücke schlagen über den Tigris, in: Pfarrblatt der römisch-katholischen Kirche im Kanton Bern, Bern 11. Mai 2016.
- Garovi, Angelo, Gedichte von Leo Fischer, Bern 2021.
- Garovi, Angelo, Lehrer am Kollegium als bedeutende Wissenschaftler historischer und philologischer Richtung, in: Sarner Kollegi Chronik 53 (1991) 2-3, 36-44.
- Garovi, Angelo, Pater Leo Fischer (1855–1895), in: Obwaldner Brattig 44 (2019), 124-127.
- Gasser, Vinzenz, P. Leo Fischer OSB, Gries, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benediktiner- und dem Cistercienser-Orden 16 (1895) III, 528-529.
- Plazidus Hungerbühler: Notizen zum soziokulturellen Beitrag des Benediktinerklosters Muri-Gries in Südtirol von 1848 bis 1980. In: Der Schlern. Band 54, 1984, S. 384–394.
- Hinrichsen, Adolf, Das literarische Deutschland. 2. Auflage, Berlin 1891.
- Rupert Keusch: Erinnerung an die Jubiläumsfeier der Kantonalen Lehranstalt zu Sarnen, Obwalden 1891 (= Beilage zum Jahresbericht der Kantonalen Lehranstalt Sarnen). Sarnen 1891, S. 36 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 2. September 2021]).
- Kosch, Wilhelm, Das katholische Deutschland. Band 1. Haas & Grabherr, Augsburg 1933.
- Kreiten, W., Nekrolog, in: Alte und neue Welt (1896), 162-164.
- Meggle, Basilius, Leo Fischer: Ein Benedictiner-Dichter aus der Säcularisation, in: Studien und Mitteilungen aus dem Benedictiner- und Cistercienserorden 6 (1885) II, 40-47.
- Mumbauer, Johannes, Die deutsche Dichtung der neuesten zeit, Erster Band, Erstdruck 1936, Neuausgabe Nikosia 2017, 34.
- Niederberger, Franz, Am Grabe Leo Fischers, in: Dichterstimmen der Gegenwart X, 1.
- Scherer, Emmanuel, Leo Fischer's Gedichte des Weihnachtskreises. Schweiz. Rundschau 1906, Heft 4, sowie als Separatdruck.
- Scherer, Emmanuel, Leo Fischer, in: Neue Zürcher Nachrichten vom 19. August 1907.
- Emmanuel Scherer: Leo Fischer – Versuch einer Darstellung seines Lebens und Schaffens (= Beilage zum Jahresbericht der Kantonalen Lehranstalt Sarnen. Band 1906/07). Sarnen 1907 (muri-gries.ch [PDF; abgerufen am 8. September 2021]).
- Ambros Trafojer: Das Kloster Gries (Bozen) – Vom Chorherrenstift in der Au und in der Burg zum Benediktinerkloster Muri-Gries. 2. neu bearbeitete Auflage. Bozen 1982.
- Wienstein, Friedrich, Lexikon der katholischen deutschen Dichter vom Ausgange des Mittelalters bis zur Gegenwart, Hamm i.W. 1899.
- ?, + Hochw. Herr Professor P. Leo Fischer, in: Obwaldner Volksfreund vom 24. August 1895, Nr. 34, 1-2.
- ?, Nekrolog in Dichterstimmen der Gegenwart X, 2.
- ?, Obwalden. P. Leo Fischer, in: Schweizerische Kirchenzeitung SKZ (1905), Nr. 34, 270.</ref>
- Sterbebild
- Professbuch: Nr. 705.
- Nachlass P. Leo Fischer, StiAMG Gries und Sarnen N.705.
- Wikipedia-Artikel: Leo Fischer (Dichter)
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Einzelnachweise
- ↑ Plazidus Hungerbühler: Notizen zum soziokulturellen Beitrag des Benediktinerklosters Muri-Gries in Südtirol von 1848 bis 1980. In: Der Schlern. Band 54, 1984, S. 393.
- ↑ Brugier, Gustav, Geschichte der Deutschen Literatur, Erstausgabe 1904, Nachdruck Nikosia 2017, 543.
- ↑ Ambros Trafojer: Das Kloster Gries (Bozen) – Vom Chorherrenstift in der Au und in der Burg zum Benediktinerkloster Muri-Gries. 2. neu bearbeitete Auflage. Bozen 1982, S. 130.
- ↑ Garovi, Angelo, Eine Brücke schlagen über den Tigris, in: Pfarrblatt der römisch-katholischen Kirche im Kanton Bern, Bern 11. Mai 2016.
- ↑ Unterlagen Professbuch P. Adelhelm Rast und Abt Dominikus Bucher, Zettelkatalog P. Adelhelm Rast im StiAMG Sarnen sowie digitalisierte und erweiterte Ausgabe des Professbuchs von P. Vinzenz Gasser im StiAMG Gries (Transkript P. Plazidus Hungerbühler).
Personendaten | |
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NAME | Fischer, Leo |
ALTERNATIVNAMEN | Fischer, Otto Ludwig Bartholomäus |
KURZBESCHREIBUNG | Mönch des Klosters Muri-Gries |
GEBURTSDATUM | 25. Juni 1855 |
GEBURTSORT | Vöslau |
STERBEDATUM | 16. August 1895 |
STERBEORT | Boswil |